Zu den Grundsätzen der Freimaurer gehört die tätige Umsetzung der freimaurerischen Tugenden wie Humanität, Toleranz und Wohltätigkeit. Die Johannis-Freimaurerloge »Carl und Charlotte zur Treue« hat schon früh mit der unmittelbaren Wohltätigkeit begonnen.
Am 21.12.1812 hat der Kutschenfabrikant, Bruder Johann Heinrich Kirschten, in der Loge den Antrag gestellt, eine Wohltätigkeitsanstalt zu gründen. Am 3. Februar 1813 wurde dann eine »Wohltätigkeitskasse« gegründet.
Die Loge hat auch Menschen und Organisationen in Offenbach direkt unterstützt. Das geschah zu dieser Zeit durch zusätzliche Spenden der Brüder oder durch die Almosensammlungen in der Loge.
Es wurden Fleisch und Brot gegen den Hunger und Holz für die Heizung im Winter gekauft und übergeben.
Am 3. Februar 1825 beschlossen die Brüder die Wohltätigkeitskasse umzubenennen in »Unterstützungsverein für Waisen« und gleichzeitig auch Mitglieder aufzunehmen, die nicht der Loge angehörten. Damit hat dieser Verein den Grundstein für die Sozialarbeit in Offenbach gelegt. Es gab zu dieser Zeit noch keine öffentliche Fürsorge in der Stadt.
Am 27. Februar 1847, nachdem die Loge sich wieder aktiviert hatte, wurde der Wohltätigkeitsfond der Loge Carl und Charlotte zur Treue gegründet.
Am 8. Dezember 1850 wurde ein Hilfsverein zur Unterstützung entlassener Sträflinge ins Leben gerufen. Dieser Verein war bis 1912 aktiv, allerdings nicht mehr unter maurerischer Leitung.
Im Jahre 1870 wurde der »Verein zur Unterstützung der Hinterbliebenen der im Felde stehenden Vaterlandsverteidiger« gegründet. Zu Weihnachten 1870 bescherten die Brüder die Kinder der im Krieg befindlichen Offenbacher Soldaten.
Im Jahre 1878 ergriff Bruder Heinrich Meißinger, »Meister vom Stuhl« der Loge, die Initiative, um arme Schulkinder während der Wintermonate mit der nötigen Fußbekleidung auszurüsten.
Unter der Führung von Bruder Dr. Pullmann, Meister vom Stuhl von 1909 bis 1910, taten sich 1891 einige Brüder der Loge zusammen und gründeten den »Verein Eigenheim«. Man wollte die mangelhaften Wohnungsverhältnisse in vielen Arbeiterfamilien verbessern.
Es gelang 23 Familien ein eigenes Heim zu schaffen und den Mietskasernen zu entkommen.
In den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts waren die Brüder der Loge besonders aktiv und riefen die verschiedensten Sozialeinrichtungen ins Leben, so der Knabenhort, die Ferienkolonie und für die schulentlassenen, gewerbstätigen Mädchen die Koch- und Haushaltungsschule.
Im Jahre 1902 gründete man zusätzlich die »Wohlfahrtskasse« für die Unterstützung gemeinnütziger Unternehmen in der Stadt Offenbach. Damit war der Weg frei, über eine freimaurerische Organisation der Loge direkt externe Hilfe zu geben.
Während des ersten Weltkriegs richtete die Loge in Ihrer Küche eine Suppen- und Kaffee-Ausgabe für die notleidenden Familien ein.
Vor der Auflösung der Loge und der Beschlagnahme des gesamten Logeneigentums durch die Nationalsozialisten (NSDAP) betrug das angelegte Vermögen des Wohltätigkeitsfonds bzw der Wohltätigkeitskasse 11.960 Mark.
Haus und Vermögen gingen per Verfügung der geheimen Staatspolizei (Gestapo) an das Land Hessen.
Nach dem zweiten Weltkrieg konnten die Arbeiten der Loge offiziell erst wieder 1948 aufgenommen werden.
Doch schon Anfang der 50er Jahre bescherten die Brüder und Schwestern zu Weihnachten in einer Feierstunde im großen Saal des Logenhauses eine größere Anzahl hilfsbedürftiger Rentner und Rentnerinnen mit Weihnachtspäckchen.
Ab 1962 erhielten verschiedene soziale und karitative Vereinigungen wieder Zuwendungen. So wurden 1971 einer Matinee im Deutschen Ledermuseum dem Verein »Lebenshilfe für das geistig und körperlich behinderte Kind« 2000 DM überreicht.
Am 19.Dezember 1978 wurde der »Freimaurerischer Wohltätigkeitsverein Carl und Charlotte zur Treue e.V.« gegründet.
Sein Zweck laut Gründungssatzung ist »die Unterstützung hilfsbedürftiger Personen, einerlei welcher Konfession, Rasse oder Parteizugehörigkeit, die der Hilfe bedürfen«. Heute heißt es in der mehrfach angepassten Satzung, daß »der Zweck des Vereins die Förderung der Mildtätigkeit, die Förderung kultureller, wissenschaftlicher und kirchlicher Zwecke und die Förderung des Umweltschutzes und der Völkerverständigung« ist.
Die Sprache und die Gesetzeslage sind anders geworden, aber an der Verwirklichung der Wohltätigkeit hat sich seit über 100 Jahren nichts geändert.
1979 übergab der erste Vorsitzende des Wohltätigkeitsverein, Bruder Arno Budich, dem Verein »Behindertenhilfe« heute »Lebenshilfe«, zu Weihnachten einen Kleinbus zur Beförderung der behinderten Kinder.
Zum 175 jährigen Jubiläum der Freimaurerloge »Carl und Charlotte zur Treue« im Jahre 1987, konnte zum ersten Mal der Förderpreis für soziale Hilfe überreicht werden. Empfänger war der Verein »Lebensräume« der sich in Stadt und Kreis Offenbach um die Betreuung psychisch Kranker bemüht.
In der Folgezeit wurden zahlreiche Organisationen und Sozialeinrichtungen, aber auch einzelne Menschen unterstützt und gefördert, getreu den Grundsätzen der Freimaurerei »Humanität und Bruderliebe« im tätigen Handeln zum Ausdruck zu bringen.
Bei einem Besuch der französischen Brüder in Offenbach im Mai 1989 wurde der Förderpreis der Freimaurer über 10.000 DM an die Stadt Offenbach zur Unterstützung der Jugendarbeit zwischen beiden Partnerstädten überreicht.
1995 erhielt die Bürgerhilfe Dreieich »Haus Dietrichsroth« eine Spende von 23.000 DM für die Anschaffung von acht Pflegebetten.
1996 spendeten die Freimaurer der Offenbacher Kinderklinik einen Betrag von 25.000 DM für die Anschaffung eines Beamtungsgerätes für Säuglinge bei plötzlichem Atemstillstand.
Herausragend ist sicher die seit 1997 andauernde Unterstützung eines damals schwer herzkranken Jungen aus Ungarn. Von unserem Bruder Jenö Todt sen., selbst gebürtiger Ungar, kam der Notruf und die Idee diesem 7-jährigen Kind eine lebensnotwendige Herzoperation in Deutschland zu ermöglichen.
Die Loge spendete und sammelte, auch aus nichtfreimaurerischen Kreisen, 16.000 DM und ermöglichte damit die erforderliche Operation in der Universitätsklinik Giessen.
Der Förderpreis der Freimaurer in Offenbach wurde 1999 für einen Wettbewerb der Studenten an der Hochschule für Gestaltung gestiftet. Die Wettbewerber hatten die Aufgabe die Begriffe Humanität, Toleranz und Brüderlichkeit bildhaft umzusetzen.
Seit 2004 beteiligt sich der Wohltätigkeitsverein jährlich an der ökumenischen Initiative »Soziale Not in Offenbach«. Alle kirchlichen Organisationen geben in den Wintermonaten, wechselnd in den jeweiligen Gemeinderäumen, warmes Essen und Trinken an bedürftige Menschen in Offenbach.
Die Freimaurerische Neujahrstafel ist eine Veranstaltung am Anfang jeden Jahres, die seit 2006 stattfindet.
Persönlichkeiten aus den Wohltätigkeitsorganisationen, der Politik und der Wirtschaft treffen sich, um sich bei einem einfachen Mittagsessen aus der regionalen Küche miteinander über die Weiterentwic
klung der privaten und öffentlichen Wohltätigkeit zu informieren und zu diskutieren.
Besonders liegen den Brüdern der Loge die Unterstützung von Kindern und Jugendlichen am Herzen. So konnte 2009, unterstützt von dem Offenbacher Architekten Hans Mathis, der Kindertagesstätte der freireligiösen Gemeinde ein Backofen gebaut und übergeben werden.
»Beim Backen der vielfältigen Brote aus verschiedenen Nationen sehen wir die Chance miteinander ins Gespräch zu kommen. Gemeinsam Essen überwindet Schranken und schafft Kontakte«, so Bruder Herbert Füller, Vorsitzender des Freimaurerischen Wohltätigkeitsvereins.
Die integrative Kindertagesstätte »Martin Luther Park« erhielt 2009 Musikinstrumente und 2011 zwei Doppelfahrrädchen für die Bewegung beim gemeinsamen Spielen der Kinder im Vorschulalter.
Auch in Zukunft gilt die Unterstützung des Freimaurerischen Wohltätigkeitsvereins »Carl und Charlotte zur Treue« den Menschen, Organisationen und Einrichtungen, die der tätigen Hilfe bedürfen.
Sach- oder zweckgebundene Geldspenden, projektbezogen, sind dabei in erster Linie das Ziel der Wohltätigkeit.